Biografien / Weltkriege, Nationalsozialismus und Nachkriegszeit / Jüdisches Leben in Frankfurt

Das "Arbeitserziehungslager" in Heddernheim - das sogenannte KZ Rhein-Main

von Uwe Protsch

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Ich hatte mir vorgenommen, dem Ort, der als „Gedenkstätte“ für das „Arbeitserziehungslager“ in Frankfurt-Heddernheim bezeichnet wird, zu der Würdigung zu verhelfen, die ihm aufgrund seiner bedrückenden Geschichte zukommt. Leider ist mir dies nicht gelungen.

Das „Arbeitserziehungslager“ der Frankfurter Gestapo existierte von 1942 bis 1945 und gehörte zu den ganz wenigen Einrichtungen dieser Art, die nicht abseits von Siedlungen, sondern sozusagen unter den Augen und mit Wissen der Anwohner betrieben wurden. Es diente nicht nur der Abschreckung und Bestrafung unbotmäßiger Arbeiter, darunter hauptsächlich Zwangsarbeiter, sondern wurde von der Gestapo als eigenes, jeglicher Kontrolle entzogenes Lager für missliebige Menschen aller Art, außerdem als Transitlager für die weitere Verbringung jüdischer Mitbürger und politisch Verfolgter in die Konzentrationslager genutzt. Die Haftbedingungen waren entsetzlich; es gab regelmäßig brutale Misshandlungen und Demütigungen. Mehrfach wurden im „Arbeitserziehungslager“ Hinrichtungen vorgenommen.

Trotz dieser bedrückenden Fakten und ungeachtet seiner großen Bedeutung für die Terrorherrschaft der Nazis ist dieses Lager im Bewusstsein der Bevölkerung bzw. der Öffentlichkeit kaum vorhanden. Damit wird nicht nur denjenigen Unrecht getan, die an diesem Ort geschunden wurden. Es gibt auch keine Würdigung der wenigen, die sich trotz allem zur Wehr gesetzt oder den Insassen geholfen und dafür mit Lagerhaft und Tod bezahlt haben.

Um mir ein Bild zu machen, habe ich versucht, alle relevanten Informationen über das Frankfurter „Arbeitserziehungslager“ zusammenzutragen. Ich war unter anderem in den Staatsarchiven in Wiesbaden und Darmstadt, beim Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen und beim Bundesarchiv in Berlin. Bekanntlich haben die Nazis in den letzten Kriegswochen zahlreiche belastende Dokumente vernichtet. Mit Abstand die wichtigste Informationsquelle war somit die fast vollständig erhaltene Kartei der Frankfurter Gestapo. Auf etwa 138.000 Karteikarten sind zu fast jeder Person, die seit den zwanziger Jahren mit der (politischen) Polizei und später der Gestapo zu tun hatte, persönliche Daten und eine kurze Beschreibung des Sachverhalts bzw. der Anschuldigungen vermerkt. Über 10.000 Karten betreffen Personen, die nachweislich oder vielleicht im „Arbeitserziehungslager“ inhaftiert waren.

»Ich habe versucht, aus allen nur möglichen Stellen und Archiven in ganz Deutschland Material über das ,Arbeitserziehungslager‘ in Heddernheim zusammenzutragen.«

Obwohl ich mehrere Urlaubswochen investiert hatte und mich schließlich für drei Monate von meinem Arbeitgeber habe beurlauben lassen, musste ich doch irgendwann einen Schlussstrich ziehen und die Recherchen abbrechen. Es ärgert mich heute noch, dass ich nicht weitermachen kann, aber mir ist es zeitlich und finanziell eben nicht möglich. Die Ergebnisse meiner Recherchen habe ich in Form einer „Datenbank“ ins Netz gestellt. In einigen Fällen haben bereits andere die Daten genutzt, um Informationen zu eigenen Fragestellungen einzuholen (Inzwischen ist diese Adresse nicht mehr gültig, Anm. d. R.).

Meine Bemühungen, die sachlich falschen Informationen auf den bisherigen Gedenktafeln zu ersetzen und zu ergänzen, sind wohl ins Leere gelaufen. Nachdem zunächst der Ortsbeirat die Absicht bekundet hatte, einen Künstler mit der Gestaltung eines angemessenen Textes zu beauftragen, wurde dieses Vorhaben noch einmal diskutiert. Die vorgesehene LED-Beschriftung wurde als besonders anfällig für Vandalismus eingestuft. Lediglich die gärtnerische Neugestaltung wurde abgeschlossen. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass eine angemessene Darstellungsform für die Gedenkstätte gefunden wird.

Mein eigentliches Ziel habe ich nicht erreicht und kann nur hoffen, dass andere Zeit und Kraft finden, hier weiterzumachen. Trotzdem war die Arbeit für mich persönlich ein Gewinn, denn ein Ergebnis ist festzuhalten: Den Faschisten ist es trotz aller Grausamkeiten nie gelungen, den Widerstand der Zwangsarbeiter und der anderen Verfolgten zu brechen!