Technik, Handel, Gewerbe und Unternehmen

Die Entstehung des Buches „100 Jahre Gas und Wasser in Sindlingen“

von Karlheinz Tratt (†)

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Schon seit meinem Eintritt in den Ruhestand geisterte mir die Geschichte der Firma Tratt durch den Kopf. Seit meiner Lehrzeit ab 1. April 1953 bis zum Erreichen des Rentenalters am 25. Januar 2003 war ich unmittelbar in der Firma tätig und kannte über die Hälfte der Geschichte der Firma aus erster Hand.

Seit der Gründung des Sindlinger Heimat- und Geschichtsvereins im Jahre 1996 bin ich Archivar dieses Vereins und sammele alles, was für die Nachwelt von Bedeutung sein könnte, insbesondere aber Bilder und Kleindokumente von Firmen, Häusern und Familien. So konnte ich auch einige Unterlagen der Firma Tratt in das Archiv aufnehmen, was mir bei meinen Recherchen in den Jahren 2009 bis 2010 zugute kam.

Als ich von der Ausschreibung der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, der Gerda Henkel Stiftung und der FNP durch meinen Vorsitzenden Herrn Frank erfuhr, bewarb ich mich mit meiner Buchidee als Stadtteil-Historiker – und wurde auch tatsächlich angenommen. Hiermit hatte ich nicht gerechnet und war nun stolz und natürlich auch animiert, die Geschichte der Firma Tratt-Schmidt zu Papier zu bringen. Einen Titel für das Buch hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Als blutiger Laie relativ fortgeschrittenen Alters von 70 Jahren machte ich nun die ersten Gehversuche auf diesem Gebiet. Eine große Unterstützung waren mir hierbei die Erfahrungen bei den Workshops im Höchster Schloss, die Erkundung der Quellen im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, im Wirtschaftsarchiv in Darmstadt, im Archiv der Gewerbeförderungsanstalt, und natürlich auch Gespräche und Akteneinsichten bei Kollegen und bei der Innung Heizung-Sanitär-Klima in Frankfurt. Diese Vorbereitungen nahmen viel Zeit in Anspruch.

Flotter ging es mit dem Zugriff auf die eigenen Firmendaten, hier bestand eher die Schwierigkeit, aus dem reichen Material eine Auswahl zu treffen.

»Besonders bei schönem Wetter fiel mir das Schreiben schwer. Dagegen gab es bei Regen oder Frost umso bessere Fortschritte.«

Nur bei einem von mir ins Auge gefassten Thema bin ich leider nicht weitergekommen. Als ich die Entwicklung der Löhne und der Materialpreise in diesen 100 Jahren einander gegenüberstellen wollte, gab es unerwartete Schwierigkeiten. Denn die Preise von Kupfer, Zink und Zinn wurden vor dem Ersten Weltkrieg an der Englischen NE-Metallbörse für sogenannte ‚Longtons’ angegeben. Über diese Gewichtseinheit gab es aber nirgendwo mehr eine genaue Angabe, wie viele Kilogramm eine solche Tonne denn beinhaltete. Auch der Erste Weltkrieg und die folgende Inflation und Wirtschaftskrise ließen die Preise in schwindelnde Höhen steigen. Hier musste ich einfach passen, weitere Recherchen hätten auch meinen Zeitrahmen und die Vorgaben für die Fertigstellung des Buches gesprengt.

Bei der eigentlichen Arbeit an meiner Niederschrift hatte ich sehr viel Freude, Frust kam eigentlich nie auf. Immer wieder ging ich gerne in meine Klause und beschäftigte mich mit Bildern und Text. Allerdings gab es Zeiten, in denen ich gar keine Worte oder einen vernünftigen Text fand.

Mit der Resonanz auf mein Werk bin ich eigentlich zufrieden. Kritische Stimmen sind mir nicht bekannt, jedoch gab es einige Hinweise auf kleinere Zeitdifferenzen, die auch tatsächlich vorhanden sind. So sind in der Reihenfolge der Azubis einige wenige Daten durcheinander gekommen. Viel Lob erhielt ich für die Bildauswahl. Hier konnte ich dank meiner Sammelleidenschaft auch aus dem Vollen schöpfen.

In Zukunft werde ich weiterhin für den Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein tätig sein, Vorträge erarbeiten und allen Mitbürgern in Fragen der Sindlinger Geschichte beratend zur Seite stehen. Bei einigen Lehrern der Sindlinger Grundschulen bin ich ein gerne gesehener Gast und Führer durch den alten Ortskern. Diese Aktivitäten bereiten mir sehr viel Spaß. Traurig stimmt mich aber der fehlende Nachwuchs in meinem Metier.