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Die Familie Pfungst und die Naxos-Union: eine Geschichte aus dem Frankfurter Ostend

von Ralf Thee

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Der Gedanke, sich mit dem Thema Naxos-Union und der Gründerfamilie Pfungst zu beschäftigen, entstand bei einer Aufführung des Theaters Willy Praml, in der das Leben der Familie und die Geschichte der Firma auf die Bühne gebracht wurden.

Zu wenig ist den Frankfurtern über die Mitglieder der Familie Pfungst bekannt, die so viel Gutes bewirkten und damit nicht aufhörten, als die Nationalsozialisten dabei waren, ihr Lebenswerk zu zerstören.

Durch einen Zeitungsartikel zum Stadtteil-Historiker-Programm der Stiftung Polytechnische Gesellschaft wurde die Idee geboren, die Geschichte in diesem Rahmen aufzuarbeiten. Nach ersten allgemeinen Recherchen im Internet entwickelte sich schnell die geplante Struktur der Arbeit.

Nach ersten Kontakten zur Dr. Arthur Pfungst-Stiftung wurden persönliche Treffen vereinbart. Die Stiftung war im Jahre 1918 durch Marie und Rosette Pfungst im Namen ihres verstorbenen Bruders und Sohns Arthur Pfungst (9. März 1864 - 3. Oktober 1912) gegründet worden. 2018 wird das 100-jährige Jubiläum gefeiert. Zu diesem Anlass werde ich ehrenamtlich eine Jubiläumsschrift erstellen. Die Stiftung besitzt nur wenige Aufzeichnungen über die eigene Geschichte, sodass zunächst das Frankfurter Institut für Stadtgeschichte als Anlaufstelle diente. Dort finden sich Sammlungen zur Stiftung, zur Naxos-Union und Familienmitgliedern sowie Fotos, allgemeine Stadtkarten, die das Wachstum der Firma über die Zeit aufzeigen, sowie Adressbücher. Leider sind die Recherchen nur von Montag bis Freitag möglich, was den Einsatz von Urlaubstagen erfordert.

»Drum wenn dein Herz den Hass der Menschen spürt, beschäme sie durch deine Güte.«

Arthur Pfungst


Im Internet finden sich weitere Informationen, vor allem über Arthur Pfungst, der nicht nur als Industrieller, sondern auch als Verleger, Autor, Übersetzer und Poet aktiv war und als bekannter Humanist regelmäßig zu Vorträgen eingeladen wurde. Hier erwiesen sich besonders Online-Archive amerikanischer Hochschulen als dienliche Quellen. Marie Pfungst war eine emsige Kämpferin für Frauenrechte und Gründerin von Frauen-vereinen. Ein Besuch des Helene-Lange-Archivs in Berlin war sehr erfolgreich. Schwierigkeiten bereitete das Lesen und Verstehen handschriftlicher Aufzeichnungen in Kurrent oder Sütterlin, sodass manche Dokumente nicht ausgewertet werden konnten.

Hochschulen, die Forschungen zu bestimmten Themen betreiben, können ebenfalls eine gute Quelle für Information und Austausch sein. Das Fritz-Bauer-Institut an der Goethe-Universität untersucht die Geschichte der nationalsozialistischen Verbrechen und konnte mit einer Arbeit von Mile Braach über das Leben von Marie Pfungst weiterhelfen.

Im Online-Antiquariat konnten Bücher über das Leben von Arthur Pfungst bezogen werden. Dort war auch das Standardwerk von Paul Arnsberg über das jüdische Leben in Frankfurt erhältlich. Dieses Werk war sehr lehrreich, aber wenig hilfreich für diese Arbeit, da trotz jüdischer Herkunft die Konfession keine Rolle im Leben der Familie spielte. Arthur Pfungst legte seinen Glauben sogar ab. Um eine Verbindung zur jüngsten Firmengeschichte herstellen zu können, habe ich nach einem Zeitzeugen gesucht und den ehemaligen Betriebsrat, Herrn Wolf, ausfindig machen können. Hieraus ergaben sich nicht nur tolle Gespräche, sondern auch ein wechselseitig reger Austausch von Informationen, Material und Geschichten.