Technik, Handel, Gewerbe und Unternehmen

Die Infrastruktur- und Energiepolitik der Stadt Höchst am Main von 1860 bis 1928

von Marc Nördinger

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Mein Projekt befasst sich mit der Geschichte der Energie- und Infrastrukturpolitik der ehemaligen Stadt Höchst am Main. Ziel und Zweck meines Projektes ist es, in einem engen lokalen Rahmen der vielschichtigen Problematik der Energieversorgung in der Zeit der Hochindustrialisierung und des massiven Städtewachstums nachzugehen.

Den zeitlichen Rahmen der Untersuchung stellt dabei die Gründung des ersten privaten Energieversorgungsunternehmens vor Ort im Jahre 1864 (Gaswerk) und das Ende der städtischen Selbstständigkeit mit der Eingemeindung der Stadt Höchst am Main nach Frankfurt am Main im Jahre 1928 dar. Dabei ist insbesondere das Mit und Gegeneinander im öffentlichen Raum, also der Widerstreit der verschiedenen Interessengruppen um den Zugang zu und die Versorgung mit Energie, sowie den jeweiligen Zugriff auf neuartige Infrastrukturen der Gas- und Elektrizitätsversorgung von Interesse. Ziel des Projektes ist, aus den bislang gewonnen Recherche-Ergebnissen in der Zukunft eine eigenständige Publikation entstehen zu lassen, die dann als Grundlage für eine kleine Ausstellung dienen soll.

In meiner Recherche stütze ich mich maßgeblich auf das Aktenmaterial im Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt am Main, des Hessischen Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden sowie auf die unternehmensgeschichtlichen Überlieferungen in verschiedenen Archiven. Die Akten sind zum Großteil betont „trocken“, das heißt sachbezogen, und geben wenig über die persönlichen Befindlichkeiten der verschiedenen Akteure (Bürgermeister, Dezernenten, Direktoren und Politiker) wieder. Während der Arbeit an dem Projekt zeigte sich recht schnell, dass die Akten von juristischen und betriebswirtschaftlichen Memoranden und Aufstellungen durchsetzt sind, die die jeweiligen Interessenten – sei es die Kommune, Befürworter oder Gegner bestimmter Energieformen oder die Energielieferanten selbst – in ihrer Argumentation um Rechte, der Behauptung oder Infragestellung von Monopolen und letztlich in der Preisfindung unterstützen sollten. Oftmals ist es recht schwierig, anhand der Akten die tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aufzuzeigen.

»Die Grenze zwischen Selbstdarstellung, politischem Credo und realwirtschaftlichen Verhältnissen ist im Für und Wider der Argumentation oftmals schwer zu ermitteln. Das macht die Schwierigkeit, aber auch den Reiz dieses Projektes aus.«

Als besonders interessant erwies sich die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Inflation 1924. In diesen Jahren sah sich die politisch links dominierte Stadtverwaltung in Höchst mit der massiven Geldentwertung und den Versorgungsschwierigkeiten bei Brennstoffen konfrontiert. Der Wertverfall der Mark stellte die Beziehung zwischen Versorgungsunternehmen und den städtischen wie privaten Abnehmern sowie die städtische Wirtschafts- und Strukturpolitik insgesamt auf eine harte Probe. In vielen Fällen decken sich meine bisherigen Recherche-Ergebnisse mit den bekannten Forschungen zur Geschichte der Kommunen und der Energieversorgung in Deutschland.

Leider musste ich im Laufe des Projekts die Erfahrung machen, dass zeitintensive Recherche als Student wesentlich leichter zu bewältigen ist, denn als freiberuflicher oder festangestellter Arbeitnehmer. Mit dem Antritt einer vollen Stelle wurde meine Zeitreserve für die Recherche im Archiv stark eingeschränkt, sodass teilweise – je nach Öffnungszeit der jeweiligen Archive – nur der Freitagnachmittag oder der Samstag für die Projektarbeit übrig bleibt.

Als positive persönliche Erfahrung kann ich den tiefen Einblick in die Interessengesteuertheit von „Diskursen“ werten. Viele der politischen Diskussionen um Zugriffsrechte, Versorgungssicherheit und vor allen Dingen um den „gerechten“ Preis beim Bezug oder bei der Bereitstellung von Energie gleichen den Diskussionen, die wir heute unter leicht veränderten Vorzeichen führen. Man liest viele der glanzvollen Infobroschüren – seien sie nun von Versorgungsunternehmen oder Kommunen – und energiepolitischen Stellungnahmen mit ganz anderen Augen und erkennt dahinter Argumentationsmodelle, die so alt wie die moderne Energieversorgung sind.