Kunst- und Kulturgeschichte / Frankfurter Stadtteile im Wandel

Gemaltes Höchst – Unbekannte Gemälde und Stiche aus 500 Jahren

von Ernst-Josef Robiné

Ölgemälde eines unbekannten Künstlers mit der Stadtansicht von Höchst und der Mainfähre um 1845/1850. Bildrechte: Ernst-Josef Robiné

Teilen

Höchst ist eine uralte Stadt am Main mit einer reichen Geschichte. Die 830 - 850 n. Chr. gebaute karolingische Justinuskirche, Burg und Schlösser, Zollstätte und Marktrecht, Verkehrsknotenpunkt mit Eisenbahn, dem Main als Transportweg, früher Industriestandort. All das haben ungezählte Künstler zu Papier oder auf die Leinwand gebracht oder auf Metallplatten gestochen. Sie haben uns dabei ein genaues Bild von Höchst und seiner Umgebung hinterlassen.

Anlass für die Recherche

Nur wenige Bilder von Höchst sind der Öffentlichkeit zugänglich und bekannt, nur eine Handvoll ist in Museen ausgestellt. Kriege und Plünderungen, Feuer, Staub, Wasser, Stockflecken und Schimmel, Mäuse, Museumskäfer und fehlendes historisches Interesse haben den Bestand stark reduziert. Es hat mich daher schon immer gereizt, diesen unbekannten Schatz zu heben, ihn zu fotografieren, zu beschreiben und ihn der Nachwelt zu erhalten.

Erzielte Befunde des Projekts

Über 400 Ansichten mit Höchster Motiven von rund 200 Zeichnern, Malern, Kupfer- oder Stahlstechern, die mir zugänglich waren, habe ich gesichtet und beschrieben. Größtenteils fehlten Angaben über den Künstler oder das Erstellungsjahr. Die Ansichten zeigen Momentaufnahmen des täglichen Lebens unserer Vorfahren bei der Arbeit, in ihrer freien Zeit, im Krieg und Frieden. Aber sie zeigen auch die baulichen oder technischen Veränderungen über Jahrhunderte, die das heutige Stadtbild prägen, sie zeigen vergessene Zusammenhänge oder vergessene Berufe. Die ungezählten Details der Bilder sind häufig nur mit der Lupe erkennbar. Die über 400 Farbabbildungen mit erklärenden Texten zeigen die reiche, vergessene Geschichte von Höchst. Das Format - DIN A4 quer - ermöglichte große Abbildungen, die Texte sind augenfreundlich gesetzt und durch Hunderte von Stichworten erschlossen.

Die Themengebiete

Die aus dem Taunus kommenden Bäche schützten die mittelalterliche Stadtbefestigung und trieben mehrere Mühlen. Der Main, die Lebensader von Höchst, konnte ursprünglich durch eine Furt durchquert werden. Die Niddamündung war ein geschützter Hafen. Rund um die kleine Stadt wurden Weinbau und etwas Landwirtschaft betrieben. Die Höchster Fischer sorgten für frischen Fisch. Doch bald gehört der Fährmann mit seinem Nachen zum Bild des Mainufers, der „Schokoladenseite“ von Höchst. Er wird abgelöst durch Fähren unterschiedlicher Konstruktion, die Personen, Vieh und Wagen von der Höchster zur Schwanheimer Seite brachten.

Die flachen Schiffe fuhren mainabwärts unter Segeln, mainaufwärts wurden sie von Pferden gezogen ("getreidelt"). Lange Flöße kamen mit ihrer Besatzung aus den waldreichen Gegenden hinter Aschaffenburg und fuhren an Höchst vorbei bis nach Amsterdam. Sie mussten Hindernisse, wie im Main schwimmende Mühlen, die an einem Seil hängende Fähre oder Fischreusen umfahren. Ihnen folgten Dampfschlepper und Dampfschiffe, die "Mahkuh", ein Schleppschiff, das sich an einer im Fluss verlegten Kette von Aschaffenburg bis Mainz entlang zog. Ihr durch Mark und Bein gehendes Warnsignal vor Kurven brachte ihr ihren Spitznamen ein.

Das Marktschiff, das täglich zwischen Mainz und Frankfurt und zurück verkehrte und zur Mittagszeit in Höchst Halt machte, brachte über Jahrhunderte Adelige und Künstler, Arme wie Reiche nach Höchst, z. B. Goethe, der das Schloss malte, und Dürer. Alle mussten bis 1803 am Zolltor Zoll bezahlen. Den für den steigenden Personen- und Warenverkehr erforderlichen Mainregulierungen und einer Nadelschleuse bei Nied mit Floßrutsche fiel der alte Hafen in der Niddamündung mit seinen markanten Kränen zum Opfer. Am Mainufer wurden breite Ladeflächen mit Kränen und Straßenzufuhr geschaffen. Mehrere Meter der ursprünglich mächtigen Stadtmauer verschwanden durch Aufschüttungen des Uferbereichs.

Die Zollburg und das Höchster Schloss des Mainzer Erzbischofs, Mauern und Türme, Adelshäuser, der Antoniterorden, das barocke Lustschloss der Tabakfabrikanten Bolongaro, Handel und die Marktplätze, mehrstöckige Bürgerhäuser und der Schlossplatz prägten Höchst.

Krieg und Verwüstung sind der Nachteil der Lage an der Hauptdurchgangsstraße zwischen Frankfurt und Mainz. Die Schlacht bei Höchst 1622 war ein ebenso beliebtes Motiv der Künstler wie die Koalitions- und Befreiungskriege ("Napoleonischen Kriege") 1792 - 1815 oder die spätere Besetzung von Höchst durch die Franzosen nach dem Ersten Weltkrieg bis 1930.

Die beginnende Industrialisierung in Höchst mit Mühlen, Porzellanfabrik, dem Bau des Bolongaropalastes, Tabakverarbeitung, Weinhandel, Möbelindustrie und ab 1863 der chemischen Industrie durch die Farbwerke, das neue Mainkraftwerk und das Gaswerk, PKW-, LKW- und Busverkehr führten zum Ausbau von Straßen, der Eisenbahn mit bis heute drei Bahnhöfen, des Hafens, einem Entstehen völlig neuer Stadtviertel und neuer Überlandverbindungen.

Die Justinuskirche und die Antoniter mit dem Antoniterkloster prägten mit Prozessionen oder der Kerb das religiöse Leben.

Verwendete Quellen

Über 400 Bilder, Gemälde und Stiche kamen aus den Archiven der Geschichtsvereine Höchst, Nied und Unterliederbach, aus der eingelagerten Bildersammlung im Bolongaropalast Höchst mit den Beschreibungen von Dr.-Ing. Martino la Torre, vom Glockenspielhaus Bauer, Höchst, der Bürgervereinigung Höchst, vielen Höchster Bürgern und aus meiner eigenen Sammlung. Bereitwillig unterstützt haben mich das Historische Museum Frankfurt, das Städel Museum, die Stadtmuseen Wiesbaden, die Kunstsammlung Augsburg und andere Museen.

Für die begleitenden Texte wurde auf die umfangreichen Veröffentlichungen über Höchst und Hoechst zurückgegriffen, insbesondere von Dr. Rudolf Schäfer, Dr. Wolfgang Metternich, Adalbert Vollert (Nied), und Dr. Konrad Schneider (Niederhöchstadt).

Präsentation der Ergebnisse in der Öffentlichkeit

Das 346 Seiten dicke Buch wurde im Eigenverlag mit 150 Exemplaren bei Benedict Press, Münsterschwarzach, gedruckt, Geschichtsvereinen, Bibliotheken und Museen überlassen und über Buchhandlungen für 39 € (Selbstkosten) verkauft. Im Höchster Kreisblatt gab es zwei ausführliche Berichte. Den Geschichtsvereinen und der Bürgervereinigung wurde ein kostenloser Vortrag angeboten. Das Buch war nach wenigen Wochen ausverkauft. Ein Nachdruck ist wegen der drastisch gestiegenen Papier- und Druckkosten leider zu risikobehaftet und daher nicht beabsichtigt.

Buchbesprechungen

"Mit Liebe zu Höchst und zum Detail hat Ernst-Josef Robiné eine Vielzahl von Bildern ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengetragen und aus dieser die mühevolle Arbeit einer repräsentativen Auswahl unter Vermeidung eines Zuviel des Gleichen vorgenommen. Damit liefert er uns ein wunderschönes Buch voller Anregungen und Anreizen zum ästhetischen Genuss und zur weiteren Forschung."
Dr. Konrad Schneider, Niederhöchstadt, 2022 in der Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, Band 126

"Mit detektivischer Präzision analysiert Ernst-Josef Robiné Kunstwerke aus 500 Jahren" und "Dieser Mann ist eine Seh-Hilfe."
Holger Vonhof im Höchster Kreisblatt vom 30. Januar 2021