Biografien

Leben und Wirken der Familie Tesch in Frankfurt- Verortung und Spurensuche

von Bruni Marx

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Johanna Tesch (SPD) gehörte von 1919 bis 1924 zu den ersten weiblichen Parlamentarierinnen in der Weimarer Republik. Ihr Mann Richard arbeitete bei der „Volksstimme“. Der jüngste Sohn Carl floh 1935 aus Deutschland. Er kehrte 1945 aus dem Schweizer Exil zurück und begründete gemeinsam mit Else Epstein den „Frankfurter Bund für Volksbildung“ neu.

Johanna verbrachte während ihrer Zeit als Parlamentarierin viel Zeit in Berlin, während ihr Mann in Frankfurt blieb und sich neben seinem Beruf um die Söhne und den Haushalt kümmerte.

Zwischen den Eheleuten entspann sich in dieser Zeit ein umfangreicher Briefwechsel. Die Briefe zeichnen sehr anschaulich nach, wie vor circa. 100 Jahren das Leben in Frankfurt aussah: Wie bewegte man sich von A nach B, wie war die Wohnsituation, die Ernährungssituation, die politischen Verhältnisse, das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau?

Unter Federführung des Vereins für Frankfurter Arbeitergeschichte bildete sich 2019 eine Arbeitsgruppe, der auch Sonja Tesch, die Tochter Carl Teschs, angehörte, mit dem Ziel, diese Briefe sowie weitere vorhandene Briefe aus dem Jahr 1909, dem Ersten Weltkrieg und der Zeit des Nationalsozialismus in einem „Dokumentationsband“ herauszugeben. Ich war ebenfalls Mitglied der Arbeitsgruppe. Im Oktober 2021 ist dann zusätzlich eine kommentierte Ausgabe des Briefwechsels mit Schwerpunkt auf den Jahren 1919 bis 1925 beim Verlag Henrich (Herausgeber Institut für Stadtgeschichte) unter dem Titel „Der Deiwel soll die ganze Politik holen: Ein Briefwechsel aus Deutschlands erster parlamentarischer Demokratie 1919 - 1925“ erschienen.

Die Arbeit an den Publikationen hat mich auf die Idee gebracht, die Lebens- und Wirkungsorte der Familie zwischen 1909 (da setzt der Briefwechsel ein) und 1970 (in diesem Jahr stirbt Carl Tesch) herauszuarbeiten und in einer Art Stadtrundgang zu verorten. Der Schwerpunkt lag auch hier auf den Jahren 1919 bis 1925, den Jahren, in denen Johanna als Parlamentarierin in Weimar und Berlin aktiv war, weil hier die Quellenlage am umfangreichsten ist.

Wo hat die Familie gelebt? Auf welche Schule ist Johanna gegangen? Wo lagen die Arbeitsorte der Eheleute und Söhne? Was haben sie in ihrer Freizeit unternommen?

Es gibt viele Spuren von Johanna Tesch und ihrer Familie in Frankfurt, die ich durch mein Projekt sichtbar machen wollte.

Entstanden ist eine Broschüre mit stilisiertem Stadtplan, in der bzw. auf dem die Lebens- und Wirkungsorte der Familie verzeichnet und bebildert werden. Dabei habe ich darauf geachtet, dass ich, wenn die Quellenlage es hergab, historisch passende Fotos ausgewählt habe. Wenn immer es möglich war, sind die Orte durch ein Originalzitat aus dem Briefwechsel belegt worden.  

Dadurch soll es Interessierten ermöglicht werden, mit Karte und Broschüre auf selbstständige Spurensuche zu gehen und den Lebens- und Wirkungsorten der Familie Tesch im heutigen Stadtbild nachzuspüren.

Über die Autorin

Bruni Marx

Nach dem Abitur im Jahre 1977 habe ich eine Ausbildung für die gehobene Beamtenlaufbahn bei der Stadt Frankfurt (Abschluss Dipl. Verwaltungswirtin) begonnen und 1980 abgeschlossen. Von 1981 bis Mai 1990 arbeitete ich im Dezernatsbüro des Kulturdezernenten Prof. Hilmar Hoffmann. Danach war ich für die Gesamtkoordination und einzelne Projekte (Festakt, Hochseillauf etc.) der 1200-Jahr-Feier der Stadt 1994 bei der Frankfurt Projekte GmbH zuständig und bekleidete außerdem die Funktion der Referentin des Geschäftsführers Dr. Dieter Rexroth. 1996 kehrte ich dann ins Frankfurter Kulturdezernat, diesmal unter Leitung der Kulturdezernentin Linda Reisch, zurück. 1997 durfte ich mich um das nächste große Jubiläum in der Stadt Frankfurt kümmern. Ich leitete die Geschäftsstelle Goethejahr (1999). Nach Ende des Jubiläums zog es mich wieder ins Kulturdezernat (Stadtrat Dr. Hans-Bernhard Nordhoff).  2003 schließlich wechselte ich an die Städtischen Bühnen und wurde dort Referentin des Geschäftsführers bzw. Geschäftsführenden Intendanten Bernd Fülle. Nach Ausscheiden von Bernd Fülle im Jahre 2015 betreute ich bis zu meiner Pensionierung im August 2021 verschiedene andere Projekte bei den Städtischen Bühnen.  Seit vielen Jahren widme ich mich in meiner Freizeit stadtteilgeschichtlichen Aufgaben. So habe ich an einer Ausstellung zum 75-jährigen Jubiläum der Siedlung Riederwald im Jahre 1986 und 1989 an der Dauerausstellung zur Geschichte des Riederwalds im Bürgerhaus Riederwald, mitgewirkt. Von 1990 bis 2000 war ich Hauptautorin der „Riederwälder Geschichten“, herausgegeben von der Riederwälder Geschichtswerkstatt. Erschienen sind insgesamt neun Ausgaben. Zum 100-jährigen Jubiläum der Siedlung im Jahre 2011 ist eine Broschüre (Herausgeber: Vereinsring Riederwald) erschienen, für die ich redaktionell verantwortlich zeichnete.  Außerdem organisiere ich Führungen zur Geschichte des Stadtteils, aber auch zu Spezialthemen wie „Riederwald im Nationalsozialismus“.