Kunst- und Kulturgeschichte / Frankfurter Stadtteile im Wandel 

Mit der Kamera der Bornheimer Geschichte auf der Spur

von Petra Schmucker

Teilen

Läuft man mit offenen Augen durch die Straßen Bornheims, fällt einem wohl die bunt gemischte Bebauung auf. Kleine Fachwerkhäuschen, Gründerzeitbauten, Wohnblocks oder Einfamilienhäuser aus einer der boomenden Nachkriegszeiten wechseln sich zwanglos ab. Sogar auf Hochhäuser wurde nicht verzichtet.

Schaut man sich aber das „Bornheim und Umgebung“ betitelte Rund-um-Bild von Johann Ludwig Petsche (1799-1859) an, sah das mal ganz anders aus – zumindest im historischen Kern rund um die Johanniskirche. Im Jahre 1825 war der Organist der Paulskirche auf den Turm der Bornheimer Johanniskirche gestiegen und hielt in einem 1850 vollendeten Gemälde fest, was er rundum sah.

Für mich wurde das Bild von Petsche, welches übrigens erst vor einigen Jahren als Geschenk aus Privatbesitz zum Bürgerverein und Förderkreis historisches Bornheim e. V. nach Bornheim zurückkam, Ausgangspunkt einer fotografischen Spurensuche. Wie viel Vergangenheit ist noch sichtbar? Was musste neueren Entwicklungen weichen?

Ein Freund hatte mich auf die Ausschreibung des „Stadtteil-Historiker“-Projektes aufmerksam gemacht. Zur zweiten Runde wurde ich eingeladen und mein Projekt nahm konkrete Formen an.

Als erstes bestieg ich den Turm der Johanniskirche. Von dem Ort, von dem auch das Rundum-Bild Bornheims einst entstanden war, hielt ich den Bornheimer Kosmos von oben fest – in einer Panoramafotografie, in der eine Vielzahl von Einzelaufnahmen zusammengefügt werden. Dieses fotografische Rundum-Bild, in einem aufwendigen Verfahren auf LKW-Plane aufgedruckt, war dann auch das Herzstück der abschließenden Ausstellung mit dem Titel „Bornheimer Aussichten. Eine fotografische Spurensuche nach dem Rundum-Bild von Ludwig Petsche“ im Bornheimer Museumslädchen. Um alle Wände herumlaufend, direkt unter der Decke des kleinen Museums, war das ganze Panorama vom Turm der Johanniskirche quasi von der Vogelperspektive aus zu sehen. Für viele Ausstellungsbesucher ein unbekannter Ausblick, der zu einigen Fragen anregte.

Vom Bild Petsches in der Mitte des Ausstellungsraumes konnte der vergleichende Blick zum Panorama schweifen oder sich auf einem der rund 100 Bilder darunter verfangen. Dank der bereitwilligen Unterstützung des Instituts für Stadtgeschichte und des Historischen Museums Frankfurt, die mir Zugang zu ihren Fotoarchiven gewährten, der umfangreichen privaten Postkartensammlung Church, privaten Fotoarchiven und nicht zuletzt dem Archiv des Bürgervereins Bornheim konnte ich während des Projektes viele historische Aufnahmen und Postkarten zusammentragen und aktuellen Aufnahmen gegenüberstellen, die ich auf meinen fotografischen Streifzügen durch die Gassen Bornheims gemacht hatte.

»Mit dem Stadtteil Bornheim bin ich nach und nach verwachsen – und in die ‚Stadtteil-Historikerin’ bin ich schließlich hineingewachsen.«

Je mehr Material ich zusammentrug, desto drängender wurde die Frage, wie das Gefundene präsentiert werden kann. Letztendlich beschränkte ich mich auf folgende Schwerpunktthemen: „Äppelwoi“ und Geselligkeit war natürlich im „lustigen Dorf“ ein unverzichtbarer Punkt. Noch heute sind „Sonne“, „Solzer“ oder die „Eulenburg“ alteingesessene, bekannte Wirtschaften. Einige Keltereien und nicht wenige Wirtschaften fanden sich jedoch nur noch auf alten Postkarten oder waren in einer alten Chronik der Heckenwirtschaften verzeichnet. Die Geschichte der Bornheimer Johanniskirche und der Wasserversorgung des Stadtteils waren – neben der Entwicklung der Günthersburg vom Rothschild’schen Privatgelände zu einem der ersten Volksparks in Frankfurt – weitere Themen. Auch die Verkehrsanbindung des Stadtteils durch Straßenbahn und U-Bahn und die bäuerlichen Hofreiten und Gärten im ursprünglichen Dorf waren geeignete Ansätze.

Besser als Worte hat eine Serie von Landkarten im selben Maßstab das Zusammenwachsen der Stadt mit dem einstmals weit vor den Toren liegenden Dorf Bornheim während eines Zeitraums von rund 100 Jahren zeigen können.

Aus dem Kontrast zwischen Rundum-Bild, historischem Bildmaterial aus privaten und öffentlichen Archiven und den aktuellen fotografischen Aufnahmen wurde sichtbar: Weniges ist in den rund anderthalb Jahrhunderten, welche seit der Eingemeindung nach Frankfurt ins Land gingen, in Bornheim unverändert geblieben. Historische Gebäude wurden ersetzt und freie Flächen bebaut. Auch erhalten gebliebene Gebäude haben neue Nutzungen erfahren, so dass manche Geschichte und viele Geschichten nur noch in Erzählungen und Geschichtsbüchern zu finden sind. Bei einer zukünftigen Stadtteilentwicklung sollte die Bewahrung der noch vorhandenen historischen Schätze aber nicht aus dem Auge verloren werden.

Die hohen Besucherzahlen und intensiven Gespräche veranlassten mich, nach Ende der Ausstellung weiter Schätze zu heben, und ich startete über eine Stadtteilzeitung einen Aufruf, historische Bilder mit Bezug zu Bornheim aus den Familienarchiven herauszusuchen. Zusammen mit dem bereits zusammengetragenen Material soll daraus ein Buch über die Entwicklung Bornheims vom Dorf zu einem Frankfurter Stadtteil entstehen.