Bildungswesen

Schulen im Arbeiterviertel Gallus – entstanden aus der Industrialisierung

von Dr. Axel Rosch

Schulklasse der Rebstöckerschule 1906 (ISG: S7A 1998/19.253)
Schulklasse der Rebstöckerschule 1906 (ISG: S7A 1998/19.253)

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Mit dem Umzug in das Europaviertel, welches zum Gallus gehört, und der Einschulung meines Sohnes in der 2017 gegründeten Grundschule Europaviertel ist das Schulwesen vor Ort in meinen Fokus gerückt. Da das Gallus das industrielle Viertel in Frankfurt war und die Industrialisierung schon seit geraumer Zeit meine geschichtliche Leidenschaft ist, war es ein kurzer Weg zum Thema der Arbeit.

Die sich ab 1888 zwischen Haupt- und Güterbahnhof etablierende Industrie schuf organisch ein neues Stadtviertel Frankfurts. Zu den Industriebetrieben gesellten sich die Arbeitersiedlungen, die – gleich der Industrie – sprunghaft wuchsen, was die Bauverordnung von 1891 bedingte, die das Gallus als Stadtteil hervorbrachte. Das nun entstehende Arbeiterviertel benötigte eine vollständige Infrastruktur, zu der auch Schulen für die Kinder der sich niederlassenden Arbeiterfamilien gehörten.

Die Zeit von 1901 bis 1918 fand mein spezielles Interesse, da sie neun Schulen im Stadtteil hervorbrachte und tatsächlich die erste neue Schule, die Schule meines Sohnes, rund 100 Jahre danach im Stadtteil gegründet wurde.

Welche Schulen entstanden damals? Wie entstanden sie und gab es Eigenarten, die mit dem Viertel zusammenhingen? Welche Themen standen im Mittelpunkt der Schulen und wie verglichen sie sich mit den Schulen in den anderen Vierteln der Stadt? Dies waren die Leitfragen, die ich mir stellte.

Die Antworten habe ich versucht, in meiner Ausarbeitung zu geben. Dazu habe ich im Institut für Stadtgeschichte und in einer Fülle von Sekundärliteratur geforscht und mich mit der Geschichtswerkstatt Gallus ausgetauscht.

„In dieser neuen Schule wird die Stadt zum erstenmal den Versuch machen, den Haushaltsunterricht in die Bürgerschule einzuführen“.

Zitat aus der feierlichen Eröffnungsrede der Fröbelschule des Stadtrats Grimm, 1904

Das Ergebnis ist eine dezidierte Darstellung, wie die neun Schulen im Stadtteil entstanden sind und wie sich die Schulgemeinden in den ersten Jahren zusammensetzten. Dank der Quellen war es auch möglich, einige Alleinstellungsmerkmale (wie die erste Schulküche Frankfurts) herauszuarbeiten sowie auch die Hauptthemen, welche die Schulen bewegten. Auch ließ sich eruieren, wie sich die Situation der Schulbildung mit den anderen Stadtteilen verglich. So konnte man z. B. eine überdurchschnittliche Übertrittsrate an höhere Schulen, ein Format, welches im Arbeiterviertel mit „nur“ zwei Mittelschulen vertreten war, feststellen.

Viel gibt es im Bereich Schulbildung im Gallus in der Industrialisierung, aber auch nach der Entindustrialisierung und Tertiärisierung, um wenige Schlagwörter zu benutzen, zu erforschen. Dafür will ich die Grundlage legen und hoffe, dass ich andere (Stadtteil-Historiker?) dazu ermutigen kann.

Über den Autor

Dr. Axel Rosch

Der Stadtteil-Historiker Axel Rosch, geboren 1971, stammt ursprünglich aus München. Nach dem Studium in Augsburg und Stationen in Tokyo, London und Düsseldorf ist er seit 2005 in Frankfurt beheimatet.

Nach über 20 Jahren im Investmentbanken-Bereich arbeitet Axel Rosch heute im Bereich Entwicklung für nachhaltige Investmentmodelle. Neben der Arbeit promovierte er im Bereich Wirtschaftsgeschichte mit dem Schwerpunkt Industrialisierung, ein Themenbereich, dem weit über die Arbeit hinaus sein Interesse gehört.

Er war Mitgründer des Fördervereins der Grundschule Europaviertel 2017, dessen Vorsitz er die ersten drei Jahre innehatte.