Vereinsleben und Sport

Zur Geschichte der Frankfurter Stadtstaffeln

von Peter Schermer

Die Läuferin Emmy Haux (SC 1880 Frankfurt) beim Ziel-Einlauf 1926 am Opernplatz. Das Bild wurde vom Archivar des SC 1880 zur Verfügung gestellt.
Die Läuferin Emmy Haux (SC 1880 Frankfurt) beim Ziel-Einlauf 1926 am Opernplatz. Das Bild wurde vom Archivar des SC 1880 zur Verfügung gestellt.

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Im Jahr 2014 habe ich mich an der vom Historischen Museum Frankfurt veranstalteten Ausstellungsreihe „Stadtlabor unterwegs“ beteiligt, die sich zu dieser Zeit mit den Frankfurter Wallanlagen befasste. Mir ging es darum, an die von 1911 bis 1980 in Frankfurt ausgetragenen Stadtstaffeln zu erinnern, die häufig – zumindest partiell – „Läufe rund um die Wallanlagen“ waren.

Danach hatte ich dann die Möglichkeit, mich als von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft unterstützter Stadtteil-Historiker noch eingehender mit der Stadtstaffel-Geschichte zu beschäftigen. Das war auch erforderlich, weil es hierzu bis dahin nur ganz wenige zusammenhängende Berichte gab.

Nicht einmal die Termine der Staffelläufe waren in Übersichten festgehalten worden. Deshalb ist es mir erst nach Auswertung zahlreicher Archivalien, Vereinschroniken und Zeitungsberichte gelungen, Grundzüge der Stadtstaffel-Historie herauszuarbeiten.

Auf dieser Basis lassen sich nach dem jetzigen Stand meiner Erkenntnisse fünf Abschnitte dieser Geschichte unterscheiden:

a) Anfangsjahre der Stadtstaffel-Läufe: „Stadtstafetten“ (1911 – 1918)

b) Blütezeit der Frankfurter Stadtstaffel-Läufe: „Rund um Frankfurt – Rund um die Anlagen“ (1919 – 1932)

c) Stadtstaffeln während der NS-Zeit: „Gepäckmärsche bis zum Platz der SA“ (1933 – 1942)

d) Wiederbelebung nach 1945: „Rund um die Anlagen“ (1948 – 1963)

e) Auflösungstendenzen der Frankfurter Stadtstaffeln: „Rund um den Römer“ (1964/1965) – „Quer durch den Ostpark“ (1966) – „Letzte Versuche“ (1976 und 1980).

Besonders in den 1920er-Jahren und dann wieder in den ersten Jahren nach 1945 mobilisierten die Staffelläufe große Teile der Frankfurter Bevölkerung als Zuschauer und boten spannenden Sport in der Stadtmitte. Nach Abschluss der Staffelwettbewerbe zogen Läufer und Läuferinnen häufig in eindrucksvollen Umzügen zum Römer, wo dann die Veranstaltung mit der Siegerehrung jeweils ihren krönenden Abschluss fand.

Meine Zielsetzung, die Frankfurter Stadtstaffeln in ihrer zeitlichen Folge zu beschreiben, hat mich aber auch schnell zu der Frage geführt, welche Motive es für die ab 1911 ausgetragenen Stadtstafetten überhaupt gab.

Immerhin war es zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich, dass sich relativ leicht bekleidete Läufer an einem Sonntag oder Feiertag auf die Staffelstrecke durch die großstädtischen Straßen begaben. Deshalb mussten die Teilnehmer an den ersten Stafetten – wohl nicht nur aus Sorge um ihre Gesundheit – ja auch bis zu ihrem Start Mäntel tragen.

Bei der Suche nach den Hintergründen wurde mir schnell bewusst, dass es ein langwieriger Weg vom Nebeneinander des „volkstümlichen Turnens“ und der schwerathletischen Übungen bis zur „Leichtathletik“ als neuer Sportart war. Als Dreh- und Angelpunkt auf diesem Weg kann der Palmengarten gelten, dessen Bedeutung als wichtigste Frankfurter Sportstätte in den Jahren von 1886 bis 1910 heute völlig unterschätzt wird.

»Die Stadtstaffel gehörte bald zum Leben dieser großen Stadt am Main wie der Wäldchestag.«

Dazu kommt, dass auch der maßgebliche Einfluss des 1887 gegründeten Frankfurter Turnsportverbands auf die Entwicklung – nicht nur – der Frankfurter Leichtathletik bisher ebenfalls nicht ausreichend gewürdigt worden ist. Das Engagement der „Funktionäre“ dieses Verbands war aber die entscheidende Voraussetzung für ein Jahrzehnt sogenannter „Olympischer Spiele“ im Frankfurter Palmengarten.