Migration und Neuanfänge / Kunst- und Kulturgeschichte

Zwischen Römer und Bolongaropalast, von Nida bis zur Eck-Pizzeria – Italiens Spuren in Frankfurt

von Gernot Gottwals

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Italien ist in Frankfurt präsent. Natürlich auch in anderen deutschen Großstädten, die durch die alten Römer, die italienischen Künstler und Architekten der vergangenen Jahrhunderte und durch die Gastarbeiter geprägt wurden. So verwundert es auch nicht, dass ich mich mit meinem stadtteilübergreifenden Buch „Italiens Spuren in Frankfurt, vom Römerforum zur Piazza am Main“ sozusagen in „bester Gesellschaft“ befinde.

Denn schon 2004 beschrieb Michael Koglin „Italien in Hamburg“. Und demnächst gehen die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim in einer Ausstellung der Frage nach, wie der süddeutsche Raum durch unsere Nachbarn südlich der Alpen geprägt wurde.

Das alles war mir noch nicht bewusst, als ich mich vor nunmehr zwei Jahren für meine frankfurtspezifische Abhandlung bei der Stiftung Polytechnische Gesellschaft bewarb. Schon Jahre zuvor hatte ich mich durch den „Römer“ und die „Römerstadt“ (bzw. das antike Nida) und das damals entstehende Deutschherrnviertel mit dem markanten „Colosseo“ und dem „Trapezio Fiorentino“ zu meiner Arbeit inspirieren lassen. Mir kamen die Erzählungen über die norditalienischen Händler auf den Frankfurter Messen aus der Grundschulzeit in Erinnerung – eben jene Generationen, aus denen auch die ersten Kaufleute der Brentano und Bolongaro in Frankfurt stammen. Schließlich fühlte ich mich durch mein Studium der italienischen Sprache an der Universität Heidelberg berufen, einmal nach dem roten Faden all dieser Einflüsse von der Apeninnenhalbinsel zu suchen.

»Wenn schon das Rathaus ,Römer’ heißt – lag es da nicht nahe, nach italienischen Spuren in unserer Stadt zu suchen?«

So ergibt sich für mein Buch eine Aufteilung in zwei Abschnitte: Im ersten Abschnitt untersuche ich die antike römische Geschichte im heutigen Frankfurter Stadtgebiet, die die Ausgrabungen einer Villa mit Bad im Archäologischen Garten ebenso betreffen wie die archäologischen Funde in Nida-Heddernheim. Weiter geht es durch das frühe und späte Mittelalter, über die Reliquie des Heiligen Bartholomäus auf ihrem Weg aus Rom nach Frankfurt und das Haus „am Römer“, das als Herberge der italienischen Kaufleute dem Rathauskomplex und dem Platz mit der ersten Frankfurter Messe den Namen gab. Von den italienischen Händlern, Literaten, Malern und Architekten der Frühen Neuzeit geht es schließlich zu den heutigen Frankfurtern mit italienischem Migrationshintergrund und ihrer Vielzahl an kulturellen, sozialen und gastronomischen Einrichtungen, auch im Zusammenhang mit der Städtepartnerschaft zwischen Frankfurt und Mailand.

Der zweite Teil handelt schließlich vom dauerhaften Erbe der antiken Römer und der Italiener in den Frankfurter Museen und im Stadtbild. Hier kommen die Ausgrabungen im Archäologischen Museum ebenso zur Sprache wie die Gemälde, Skulpturen, Keramiken und Möbelstücke im Städel, im Liebieghaus und im Museum für Angewandte Kunst. Neben dem italienischen Soldatenfriedhof als Zeitzeugnis stelle ich die Wohnsitze der Brentano und Bolongaro vor, italienisch inspirierte Baudenkmale wie die Alte Oper und den Frankfurter Hof und schließlich Militär- und Industriebauten mit Einflüssen aus der lombardischen Festungsarchitektur.

Alleine ist man motiviert, zu zweit aber am Ende doch stärker. Vor allem dann, wenn es an den schwierigen Schritt der Publikation geht. So war ich dankbar, nach der Förderung durch die Stiftung Polytechnische Gesellschaft und die Gerda Henkel Stiftung über Kontakte den Archäologen und Althistoriker Michael Schmidt als Partner zu gewinnen. Er ergänzte und korrigierte zunächst meine antiken und frühmittelalterlichen Kapitel, unterstützte mich aber auch entscheidend bei Layout und Drucklegung meines Buches, da er gute Beziehungen zu historischen Vereinen und günstigen Druckereien unterhält. Jetzt liegt das Buch bereits in der dritten überarbeiteten Auflage vor, die der Grafiker und Gestalter Andreas Gottselig in ein handliches, modernes und farbenfrohes Format gebracht hat. Ich verstehe meine Publikation auch als einen Beitrag zum kulturellen Dialog in deutschen Großstädten, die seit jeher durch den Austausch mit benachbarten, oft als „fremd“ empfundenen Kulturen geprägt wurden, die aber heute eine Bereicherung darstellen. Entsprechende ähnliche Projekte in Hamburg, Mannheim und anderen Städten bestätigen mich letztlich in dieser Wahrnehmung.