Das „Arbeitserziehungslager“ der Frankfurter Gestapo existierte von 1942 bis 1945 und gehörte zu den ganz wenigen Einrichtungen dieser Art, die nicht abseits von Siedlungen, sondern sozusagen unter den Augen und mit Wissen der Anwohner betrieben wurden. Es diente nicht nur der Abschreckung und Bestrafung unbotmäßiger Arbeiter, darunter hauptsächlich Zwangsarbeiter, sondern wurde von der Gestapo als eigenes, jeglicher Kontrolle entzogenes Lager für missliebige Menschen aller Art, außerdem als Transitlager für die weitere Verbringung jüdischer Mitbürger und politisch Verfolgter in die Konzentrationslager genutzt. Die Haftbedingungen waren entsetzlich; es gab regelmäßig brutale Misshandlungen und Demütigungen. Mehrfach wurden im „Arbeitserziehungslager“ Hinrichtungen vorgenommen.
Trotz dieser bedrückenden Fakten und ungeachtet seiner großen Bedeutung für die Terrorherrschaft der Nazis ist dieses Lager im Bewusstsein der Bevölkerung bzw. der Öffentlichkeit kaum vorhanden. Damit wird nicht nur denjenigen Unrecht getan, die an diesem Ort geschunden wurden. Es gibt auch keine Würdigung der wenigen, die sich trotz allem zur Wehr gesetzt oder den Insassen geholfen und dafür mit Lagerhaft und Tod bezahlt haben.
Um mir ein Bild zu machen, habe ich versucht, alle relevanten Informationen über das Frankfurter „Arbeitserziehungslager“ zusammenzutragen. Ich war unter anderem in den Staatsarchiven in Wiesbaden und Darmstadt, beim Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen und beim Bundesarchiv in Berlin. Bekanntlich haben die Nazis in den letzten Kriegswochen zahlreiche belastende Dokumente vernichtet. Mit Abstand die wichtigste Informationsquelle war somit die fast vollständig erhaltene Kartei der Frankfurter Gestapo. Auf etwa 138.000 Karteikarten sind zu fast jeder Person, die seit den zwanziger Jahren mit der (politischen) Polizei und später der Gestapo zu tun hatte, persönliche Daten und eine kurze Beschreibung des Sachverhalts bzw. der Anschuldigungen vermerkt. Über 10.000 Karten betreffen Personen, die nachweislich oder vielleicht im „Arbeitserziehungslager“ inhaftiert waren.