Kopf hoch, Frankfurt - Straßenlaternen in Frankfurt am Main

von Daliah Ziper

Straßenlaternen ermöglichen uns das Sehen bei Nacht, bleiben jedoch selbst meist ungesehen.

Sie werden als selbstverständliches Straßenmobiliar wenig beachtet, obwohl sie doch ausschlaggebend das Stadtbild prägen: Strukturelle, gestalterische sowie historische Zusammenhänge der Stadt werden durch sie lesbar. In welchem Wechselverhältnis sie zum Stadtbild stehen, wird nur erfahrbar, wenn man sich mit offenen Augen durch die Stadt bewegt.

„Egal in welcher Stadt ich bin, ich kann es nicht lassen, nach Laternen Ausschau zu halten“, sagte mir Herr Erfert von der SRM Straßenbeleuchtung Rhein-Main GmbH, als ich anfing, über die Beleuchtung der Frankfurter Straßen zu recherchieren. Seither sind die stillen Lichtspender nicht mehr aus meinem Blick auf die Stadt wegzudenken.

So entdeckte ich eine unerwartet große Vielfalt an Laternen: Rund 400 verschiedene Ausführungen prägen das Frankfurter Stadtbild. Mit der Zeit entwickeln Stadtteile ihre eigenen charakteristischen Erscheinungsformen – und Straßenlaternen gehören ausschlaggebend dazu. So bleiben zum Beispiel die historischen Gasleuchten auf dem Römer oder auf dem Opernplatz stehen, während die moderne ‚Zylinder’-Leuchte für das Europaviertel gestaltet und eingesetzt wird. Straßenlaternen sind identitätsbildende Bausteine des städtischen Bildes; und sie erzählen ihre ganz eigene Geschichte.

Am 7. Februar 1707 werden am Römerberg die ersten fünf Laternen angebracht. Im Laufe des Jahrhunderts entdeckte Frankfurt die Beleuchtung bei Nacht, die vom ‚Laternenamt’ verwaltet wurde. Im Jahr 1762 wurden bereits 1604 Laternen von ‚Lampenfüllern‘ eigens per Hand angezündet und gesäubert. In der Innenstadt waren damals 22 Männer damit beschäftigt, je sechs Lampen zu umsorgen, in Sachsenhausen nahmen zwei Männer je 76 Lampen in ihre Obhut. In einem ‚Laternenkalender‘ legten die ‚Laternenschreiber‘ fest, zu welchen Uhrzeiten im Sommer und Winter die Lampen angezündet und ausgelöscht werden sollten. Der ‚Laterneninspektor‘ behielt das Licht der Stadt im Auge. Im darauffolgenden Jahrhundert entdeckte die Stadt die Gasbeleuchtung. 1835 standen die ersten Gaslaternen am Bockenheimer Tor, auf dem Rossmarkt und dem Rathenauplatz. Die neuen Gaslaternen mussten nun eine Stärke von 9 ½ Kerzen haben. Vier Jahre später zählte das Laternenamt zusätzlich zu den 1.193 Lichterlaternen weitere 16 Gaslaternen. Ab 1844 wurde die gesamte Stadtbeleuchtung auf Gaslaternen umgestellt, und bis zum Ende des Jahrhunderts stieg die Zahl auf 5.608 Gaslaternen. 2010 zählte das Laternenamt unserer Zeit, die SRM StraßenBeleuchtung Rhein-Main GmbH, nur noch 5.557 Gaslaternen. Seitdem ist ihre Zahl aus Kosten- und Energiegründen weiter gesunken, und immer mehr Gaslaternen wird das Licht ausgelöscht.

»Sie sorgen für Sichtbarkeit, sind aber selbst oft gleichsam unsichtbar – unsere Straßenlaternen.«

Das Stipendium der „Stadtteil-Historiker“ war ein wichtiger Bestandteil im Verlauf dieses Projekts. Durch die vertiefende Recherche konnte ein rundes Konzept erarbeitet werden, das nun in einen Kurzfilm verarbeitet wird. Begleitend zu dem Film über das Licht der Laternen wird es eine Publikation geben, welche die Laternen porträtiert.

Daliah Ziper beschäftigt sich seit dem Magister-Studium an der renommierten Kunsthochschule Central Saint Martins, University of the Arts, London, intensiv mit dem Thema Stadt und seiner Narration.

Eines ihrer Projekte ist „Kopf hoch, Frankfurt“, das sie anlässlich der Messe Luminale 2012 ins Leben gerufen hat. Was mit der Recherche zum Thema „Licht in der Stadt“ begann, entwickelte sich zu einem Fotografie- und Stadterkundungsprojekt, das anschließend im Rahmen des Stipendiums ‚Stadtteil-Historiker’ der Stiftung Polytechnische Gesellschaft gefördert wurde.

Daliah Ziper arbeitete als Regie- und Produktionsassistentin für diverse Film und Theaterprojekte und befindet sich nun in der Produktionsphase ihres ersten Kurzfilms, gefördert mit Mitteln der hessischen Filmförderung