Ich bin 2001 zunächst auf das Schicksal von Bernhard Becker aufmerksam geworden, als ich zufällig dort auf eine Führung zur Frankfurter Geschichte traf, zu der ich mich dazustellte und zuhörte. Sein Schicksal hat mich sehr berührt, und ich habe mich fortan intensiv damit beschäftigt, noch lebende Zeitzeugen befragt, bereits vorhandenes Material im Stadtarchiv gesichtet und einen Vortrag in der Städel-Schule gehalten.
Am Gerichtsgefängnis habe ich eine Erinnerungstodesanzeige angebracht, die inzwischen von Zehntausenden von Menschen gelesen wurde. Im Rahmen einer Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums in diesem Gefängnis habe ich eine der Zellen in Erinnerung an Bernhard Becker gestaltet. Dieses Schicksal ist seit damals für mich zu einem Lebensthema geworden.
Im Zuge dieser Arbeit wurde mir erst klar, dass es da noch einen Zwillingsbruder gab – auch Künstler –, dessen späterer Freitod vom Schicksal seines Bruders nicht zu trennen ist. Das Stipendium der Stiftung Polytechnische Gesellschaft bot mir die Gelegenheit, die ganze Geschichte noch einmal unter dem Gesichtspunkt der Tragik eines Zwillingsbrüderpaares zu untersuchen, die beiden im Bewusstsein der Frankfurter Geschichte wieder zusammenzuführen und ihnen ein letztes Denkmal zu setzen.
Die Zwillinge wurden am 7. Dezember 1914 in Frankfurt geboren. Die Mutter, Elisabeth Becker, katholisch, von Beruf Krankenpflegerin mit Wohnsitz in Conin/Argentinien, war eigens zur Entbindung zu ihren Eltern nach Frankfurt gekommen und kehrte bald danach ohne die Kinder nach Südamerika zurück. Die Kinder wurden von ihren Großeltern aufgenommen. Großvater Ludwig war Gürtler und wohnte mit seiner Frau Elisabeth von 1913 bis etwa 1923 in der Weberstraße 75, von 1927 bis 1933 in der Schwarzburgstraße 50.
Die neun Jahre alten Zwillinge wohnten später in der Querstraße 5, bei welcher Familie ist nicht bekannt. Bernhard und Ludwig waren Schüler der katholischen Domschule und anschließend der ebenfalls katholischen Spohrschule im Frankfurter Nordend.