Danach hatte ich dann die Möglichkeit, mich als von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft unterstützter Stadtteil-Historiker noch eingehender mit der Stadtstaffel-Geschichte zu beschäftigen. Das war auch erforderlich, weil es hierzu bis dahin nur ganz wenige zusammenhängende Berichte gab.
Nicht einmal die Termine der Staffelläufe waren in Übersichten festgehalten worden. Deshalb ist es mir erst nach Auswertung zahlreicher Archivalien, Vereinschroniken und Zeitungsberichte gelungen, Grundzüge der Stadtstaffel-Historie herauszuarbeiten.
Auf dieser Basis lassen sich nach dem jetzigen Stand meiner Erkenntnisse fünf Abschnitte dieser Geschichte unterscheiden:
a) Anfangsjahre der Stadtstaffel-Läufe: „Stadtstafetten“ (1911 – 1918)
b) Blütezeit der Frankfurter Stadtstaffel-Läufe: „Rund um Frankfurt – Rund um die Anlagen“ (1919 – 1932)
c) Stadtstaffeln während der NS-Zeit: „Gepäckmärsche bis zum Platz der SA“ (1933 – 1942)
d) Wiederbelebung nach 1945: „Rund um die Anlagen“ (1948 – 1963)
e) Auflösungstendenzen der Frankfurter Stadtstaffeln: „Rund um den Römer“ (1964/1965) – „Quer durch den Ostpark“ (1966) – „Letzte Versuche“ (1976 und 1980).
Besonders in den 1920er-Jahren und dann wieder in den ersten Jahren nach 1945 mobilisierten die Staffelläufe große Teile der Frankfurter Bevölkerung als Zuschauer und boten spannenden Sport in der Stadtmitte. Nach Abschluss der Staffelwettbewerbe zogen Läufer und Läuferinnen häufig in eindrucksvollen Umzügen zum Römer, wo dann die Veranstaltung mit der Siegerehrung jeweils ihren krönenden Abschluss fand.
Meine Zielsetzung, die Frankfurter Stadtstaffeln in ihrer zeitlichen Folge zu beschreiben, hat mich aber auch schnell zu der Frage geführt, welche Motive es für die ab 1911 ausgetragenen Stadtstafetten überhaupt gab.
Immerhin war es zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich, dass sich relativ leicht bekleidete Läufer an einem Sonntag oder Feiertag auf die Staffelstrecke durch die großstädtischen Straßen begaben. Deshalb mussten die Teilnehmer an den ersten Stafetten – wohl nicht nur aus Sorge um ihre Gesundheit – ja auch bis zu ihrem Start Mäntel tragen.
Bei der Suche nach den Hintergründen wurde mir schnell bewusst, dass es ein langwieriger Weg vom Nebeneinander des „volkstümlichen Turnens“ und der schwerathletischen Übungen bis zur „Leichtathletik“ als neuer Sportart war. Als Dreh- und Angelpunkt auf diesem Weg kann der Palmengarten gelten, dessen Bedeutung als wichtigste Frankfurter Sportstätte in den Jahren von 1886 bis 1910 heute völlig unterschätzt wird.